Anthar im Portrait!!!

Mit Leidenschaft

Der Herbst zeigt sich nicht von seiner besten Seite, als wir uns auf den Weg zum Fotoshooting bei Runos Rollerwelt nach Herne aufmachen. Leichter Nieselregen geht nieder und es ist bitterkalt. Doch Anthar Yahia ficht das nicht an, denn ihm ist das Lamentieren fremd. Er mag nicht ob des Wetters jammern oder sich über die schlechte Tabellenposition beschweren. Natürlich liebt der Algerier die Sonne, wie sein Lieblingsgefährt beweist: Anthar fährt Roller, und das mit Leidenschaft.














Boden unter den Füssen

Anthar Yahia ist angekommen. Noch vor wenigen Augenblicken schwebte er etwa 15 Meter über dem Boden. Die Höhe machte ihm nichts aus, selbst der unbequeme Klettergurt, schien ihn nicht daran zu hindern, das Panorama in der riesigen Halle des Kletterzentrums Neoliet zu genießen. Anthar ist beim Freeclimben in der Vorzeigehalle des ehepaars Anke & Guido Krautkrämer, und auch wenn der 24-jährige kurzzeitig keine Bodenhaftung hat, so verliert er doch sprichwörtlich nie den Boden unter den Füssen.

Kletterlehrer Guido weist unseren Verteidiger in sein Equipment ein. Beim freien klettern, so der Ausbilder, ist neben der Ausrüstung in erster Linie die Technik das wichtigste. Die Muskeln im unterarm sind es, die besonders beansprucht werden, und bei schwierigeren Parcours ist eine besondere Körperbeherschung von Nöten. Anthar hört ihm aufmerksam zu, formt die wichtigsten Knoten, prüft seinen Klettergurt und macht sich dann auf den Weg. Etwa 15 Meter geht es senkrecht in die Höhe. Manch einem wird schon beim Blick nach oben schwummrig, aber der 24-jährige algerier nimmt jede Kletterhürde mit Bravour.

Kürz vor dem auswärtsspiel in München wurde der Transfer Yahias zum VfL klar gemacht. Zwei Trainingseinheiten und der auftritt im Testspiel gegen Graz reichten aus, um die verantwortlichen von seinem Können zu überzeugen.  Bei seinen ersten Einsatz in der Allianz-arene bestätigte er die Erwartungen, und auch in den folgenden Spielen tratb er souverän und abgeklärt auf. Man könnte meinen, anthar wäre schon seit längerer Zeit beim VfL, denn von Eingewöhnungsproblmn oder besonderen Abstimmungsschwierigkeiten gibt es keine Spur.

,,Dass es so gut auf dem Platz klappt, ist auch ein Zeichen dafür, wie sehr mir die Spieler geholfen haben. Jeder spricht mit mir, auch in der Kabine, und bietet seine Hilfe an. Ich kann das beurteilen, denn ich habe es auch schon anders erlebt. Es hemmt die Leistung sehr, wenn man wie ein Fremdkörper behandelt wir", erklärt Anthar die Gründe für seine schnelle integration. Die Probetrainings in Leeds und beim VfL empfand er als schwierig. In Nizza fühlte sich der ebürtige Elsässer nie richtig wohl, auch weil er dort nur noch sporadisch zu Einsatz kam und es im Verein unstimmigkeiten gab. ,, Ich wollte aber spielen und mein Bestes geben, also habe ich mich um einen Wechsel bemüht. Ich wüsste, wenn ich in mich und Gott vertraue, dann kann ich es schaffen. Ich glaube solche Situationen machen dich am Ende stärker", erinnert er sich an die turbulente Zeit kurz vor dem Wechsel nach Bochum.
Seit seinen zehnten Lebensjahr spielt Anthar Yahia Fußball, mit elf trat er in seinen ersten Verein ein. ,, Mein großer Bruder nahm mich immmer zu seinen Spielen mit, und irgendwann habe ich Feuer gefangen. Vorher hatte ich mit Sport garnichts zu tun, aber danach hat mein Bruder mich sehr unterstützt." Sein Vater war Judoka, ließ seinem Sohn aber die Wahl, welche Sportart er ausüben wolle. ,,Nur die Schulnoten mussten stimmen, sonst hätte es Probleme gegeben. Aber in der Schule war ich immer recht gut", sagt anthar und fährt fort:,, Als dann mit 14 Sochaux auf mich aufmerksam wurde und mich ins Fußballinternat eingeladen hat, sagte mein Vater nur unter der Bedingung zu, dass ich weiter vernünftig zu Schule gehen würde und meine Noten stimmten." Sein Vater war ein guter sportler, und seine Meinung ist ihm heute noch serhr wichtig. ,,Mein Vater und mein Bruder kennen das Leben als sportler, und sie wissen, wenn ich schlecht war, dann packen sie mich nicht mit Samthandschuhen an, sondern sagen mir ehrlich, was ich besser machen muss." Seine Mutter wiederum kann sich die SPiele des kopromisslosen Verteidigers nur eingeschränkt anschauen, denn ,, sie kann es nicht ertragen, wenn ich gefoult werde und geht dann immer aus dem Raum. Sie will halt, dass es mir gut geht." Sechs Kinder umfasst der Yahia-Clan, drei Brüder und drei Schwestern, von denen Anthar der jüngste Sohn ist. Für ihn war das durchau praktisch, denn ,,alle passten auf mich auf und beschäftigten sich mit mir." Als er mit 14 Jahren aufs Fußballinternat ging, war das ein großer Schritt für ihn, denn obwohl sochaux nur etwa 30 kilometer von seinem Heimatort Belfort entfernt liegt, durfte er nicht jeden abend heimwärts fahren. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte sich anthar schin ,,in den Fußball verliebt" und verbrachte jede freie Minute auf dem Trainingsplatz. Maximal einmal in der Woche passte eine Heimfahrt in den prall gefüllten Trainingsplan. anthar wollte seine chance unbedingt nutzen und seine Leidenschaft leben. ,, Ich glaube, ich habe es früh genug verstanden, wie hart man an sich arbeiten muss, um es im Fußball zu etwas zu bringen.
Bei Neoliet werden unterdessen die anforderungen größer.Anthar muss eine Wand bewältigen, die sich ihm leich entgegenwölbt, außerdem erreicht der Parcours schon die schwirigkeitsstufe sechs. Durchaus ambitioniert, wie auch Guido Krautkrämer meint. aber Anthar klebt förmlich an der Wand und bewegt sich Spinnenartig in richtung Hallendecke. Oben angekommen nutzt er die Gunst der Stunde, um sich einen Überblick zu verschaffen, denn in der Kletterhalle sind zahlreiche Wände aufgebaut und verschiendenste Schwierigkeitsstufen vorhanden. Heute spielt antha für die Algerische Nationalelf. Früher war er aber bis zur U-19 für französische Jugendmannschaften unterwegs. ,, Die Franzosen haben es in der Jugend vor Algerien versucht, und als spieler von Sochaux war klar, dass ich für Frankreich spiele." Später entschied er sich dann aber für sein Heimatland Algerien. Damit war er 2004 übrigens der erste Spieler, der nach einer Karriere in den Jugendmannschaften eines Landes zu einer anderen Nation Wechselte. ,,Für mich war das eine Herzensangelegnheit, die ich nie bereut habe. So habe ich zum Beispiel vor 100 000 Zuschauern in der nähe der Heimat meiner Eltern gespielt" erinnert er sich. Ein weiteres besonderes Match fand in Algerien statt, wo ALgerien ein Freundschaftsspiel gegen Mali haushoch verlor. Wenige Wochen später stand der Afrika-Cup an, und ie Nationalelf musste gegen den Favoriten Kamerun antreten. ,, Alle dachten, dass wir wieder eine Packung bekommen, aber das Team war neu zusammengestellt, und bis zum Cup hatten wir uns gefunden und ein gutes 1:1 gegen Kamerun haerausgespielt." 1985 zogen seine Eltern mitsamt Kind und Kegel zurück nach Algerien, kehrten aber 1990 wieder zurück nach Belfort. Für anthar bedeuten heute beide Länder Heimat, denn,, Ich kann beides nicht vergessen. Ein Teil von mir ist französisch und ich habe Frankreich unheimlich viel zu verdanken. Aber ich weiß auch, woher ich komme und habe Algerien immer in meinem Herzen." 
Einen festen Platz in seinem Herzen hat auch die Insel Korsika. Dorthin führte ihn mit 19 seine Reise, nachdem er von Sochaux zu Inter Mailand und dann zum SC Bastia wechselte. Auf Korsika lernte er seine Verlobte Alexandra kennen und fand zahlreiche Freunde. ,,Korsika ist eine wunderschöne Insel, auf der ich später, wenn ich alt und grau bin, unbedingt leben will, schwärmt er, ,, und in bastia habe ich mich sehr wohl gefühlt. Ich aheb nicht nur für den Club gespielt, sondern auch für die Menschen dort die alles für ihren verein geben würden." In besonderer Erinnerung ist ihm zu Beispiel ein Relegationsspiel des SC gegen Metz geblieben, bei dem es außergewöhnlich intensiv zuging. ,Die Fans haben uns fortwährend angetrieben, und wir haben eine sehr gute Defensivleistung hinglegt." Nach vier Jahren zog es Yahia zum OGc Nizza, weil Bastia abgestiegen war und der Club dringend Geld benötigte. Im mondänen Nizza kam der mittlerweile zum Führungsspieler gereifte verteidiger zu Beginn auch Sportlich gut zurecht, aber in seiner zweiten Saison vertraute der Trainer zunehmend etablierten Spielern. ,,Ich habe mir immer gesagt, Du kannst Fehler machen, aber auf dem Platz musst du immer alles geben´, aber in Nizza hat es einfach nicht gepasst. Der Club und ich, wir waren nicht füreinander gemacht." In Bochum fühlt sich Anthar nach nur wenigen Wochen gut aufgehoben. ,,Ich mag dir direktheit der Menschen hier. Wenn sie dich mögen, dann zeigen sie dies ehrlich, und sie wissen Arbeit zu schätzen."  

Dass auch das klettern harte arbeit ist, stellt Anthar nicht zum ersten mal fest. Auf korsika versuchte er sich da erste mal als Klettermaxe und hat nun fest vor, es bei seinem nächsten Aufenthalt auf der Insel erneut zu versuchen. aber harte Arbeit weiß der Sohn eines Schweißers sowieso zu schätzen. ,, Mein Vater ist ein großartiger Mensch Er hat uns immer alles gegeben. Unsere Werte hat er uns mitgegeben und unsere Bildung unterstützt. Wir haben zudem wuderschöne Urlaube in Algerien verbracht. Für meinen Vater ist die Familie das wichtigste", lobt er seinen Vatre in hohen tönen. ,, Meine Eltern leben heute noch in Belfort, sie sind aber 2-3 Monate im Jahr in Sedata in Algerien. In Belfort haben sie aber ihre Freunde und Familie. Dort leben fast alle Enkelkinder, mit denen sie sich viel beschäftigen." 
Für eine weitere Leidenschaft des Franko-Algeriers sorgte seine Verlobte, die auf Korsika ein eigenes Geschäft betreibt. ,,Als Alexandra für eine Weile in New York lebte, habe ichsie dort besucht, und sie hat mir die Stadt gezeigt. New York ist einfach unvorstellbar. Dort gibt es alles, was man sich vorstellen kann. Wenn man etwas dort nicht findet, dann macht man etwas falsch", erzählt er mit leuchtenden Augen. Auch Bochum und das ruhrgebiet haben es dem wissbegierigen Abwehrspieler angetan. ,,Als mein Wechsel feststand, habe ich mich zuerst auf das Spiel gegen Bayern vorbereitet und dan alles mögliche über die Stadt und die Region recherchiert. Das Internet ist dabei sehr hilfreich, und ich weiß nun schon einiges über Bochum." 
In Bochum plant Anthar für einen längeren zitraum, weiß aber auch, dass im Fußball vieles passieren kann. ,, Ich bin jetzt ersteinmal für ein halbes Jahr hier und werde in dieser Zeit alles für den VfL geben. Danach schauen wir weiter. Ich fühle mich jedenfalls sehr wohl in Bochum, und wenn alles klappt, dann bleibe ich sicher eine lange Zeit hier."  
Die Klettertour ist nun beendet und Anthar verabschiedet sich von seinem Lehrer. Jetzt steht er mit beiden Beinen fest auf dem Boden und linst zur Hallendecke. Klettermeister Krautkrämer lädt seinen Schüler zu einer Wiederholung ein und Anthar lässt es sich nicht nehmen, seinerseits eine Einladung ins rewirpowerSTADION auszusprechen. Klettern kann man dort nur in der Tabelle, aber das hat sich Anthar mit seinen Mannschaftskollegen sowieso fest vorgenommen.